Kunst im Lockdown z.B. für die Ohren
Podcasts beim Laufen
Mit Beginn des lockdown light im November habe ich angefangen meine täglich zurückgelegten Schritte per App zu kontrollieren. Schnell war ich auf dem Trip, dass es mindestens 10 000 Schritte pro Tag sein müssen – meistens sind es mehr. Ich gehe schnell, nicht immer alleine, denn der walk & talk ist in Zeiten von C. das Mittel der Wahl Freundinnen analog zu treffen, sich auszutauschen und dabei fit zu bleiben. Da ich täglich laufe, habe ich nicht immer Begleitung.
Ausweg aus Eintönigkeit oder einem sich ewig kreisenden Gedankenkarusell im Berliner grau in grau: der Podcast. Schon klar, das ist nicht neu, aber beim Gang an der frischen Luft für mich schon. Auf längeren Autofahrten höre ich gerne Hotel Matze oder Alles gesagt, den unendlichen Interviewpodcast der ZEIT. Zu Hause läuft als Kochinspiration und Gute-Laune-Boost natürlich Rot und Blond. Und beim sportlichen Spaziergang? Da gibt es jetzt also gerne Kunst für die Ohren.
Was mit Kunst
So hat Johann König seinen wirklich empfehlenswerten Podcast genannt. Der umtriebige Berliner Galerist unterhält sich dafür eine knappe Stunde mit Künstlern, Kuratoren und anderen Menschen aus der Kunstwelt. Sie gewähren Einblicke in ihre Arbeit, ihr Leben, erzählen Anekdoten – immer kurzweilig. Informativ auch deshalb, weil bei Was mit Kunst in kleinen Einschüben kunsthistorische Zusammenhänge kurz und knackig erklärt werden. Spannend, weil Johann König nicht nur seine Künstler und Künstlerinnen wie Karl Horst Hödicke, Alicja Kwade oder Mona Ardeleanu befragt, sondern sich auch mit anderen unterhält wie dem Schauspieler, DJ und Künstler Lars Eidinger oder Cheyenne Westphal, die Vorstandsvorsitzende im Auktionshaus Phillips ist.
Die Sucht zu Sehen
Das ist der Titel des Podcast von Grisebach. Für das Berliner Auktionshaus spricht Journalistin Rebecca Casati mit unterschiedlichsten Menschen aus Kunst und Kultur. Bei ihr ist Musiker Max Raabe zu Gast ebenso wie Künstler Christian Jankowski oder Reporter Moritz von Uslar. Aber keine Angst nicht nur Männer werden zu ihrer Sucht zu Sehen oder genauer zu ihrem Verhältnis zur Kunst befragt. Mit dabei sind auch tolle Frauen wie die in Berlin lebende Bildhauerin Monica Bonvicini oder Autorin Julia Voss, die eine 2020 vielbeachtete Hilma af Klint Biografie geschrieben hat. Unbedingt reinhören und dabei laufen, laufen, laufen…
Leuchtende Mauern
Kunstareal für alle
Einige Bilder der Münchner Museen gehen gerade im Museumsareal an die Luft. Immer abends werden Kunstwerke aus den Sammlungen an die Wände der Antikensammlung, der Pinakothek der Moderne oder über den Eingang des Staatlichen Museums Ägyptischer Kunst an die kahlen Wände projiziert. Die Künstlerin Betty Mü hat die Videoarbeit Inside / Out geschaffen und gewährt so weiterhin Einblicke in Kunst, die eigentlich Pandemie bedingt weggesperrt ist. Die Videoarbeiten von Betty Mü sind der leuchtende Mittelpunkt des Kunstprojekts Das Kunstareal verbindet.
Wow – München macht es also vor: art keeps going. Vom Königsplatz bis zu den Pinakotheken können Kunst-Süchtige noch bis zum 14. Februar ab Einbruch der Dunkelheit bis 22 Uhr (zur Zeit nur bis 21 Uhr wegen der Ausgangssperre) die Kunstwerke hinter den Mauern auf den Mauern der Museen bestaunen. Gastkünstler wie Raphael Kurig schicken Licht / Beams von den Dächern der Häuser in den Himmel der Stadt und von Helmut Eding gibt es Licht / Kugeln in den Rasenflächen neben der Alten Pinakothek zu bestaunen.
Reisen im Kopf
Surreale Welt
Schon klar, das ist nicht Jedermanns Sache. Die Sehnsucht in Wirklichkeit zu reisen wird langsam einfach zu groß. Mit diesem Buch aber kann ich mich ganz wunderbar woanders hinträumen: Accidentally Wes Anderson. Der gleichnamige Instagram Account wurde 2017 von Wally Koval gegründet. Gemeinsam mit seiner Frau Amanda veröffentlicht der in New York lebende Autor Fotos von Orten, die direkt aus Grand Budapest Hotel und anderen Filmen des Regisseurs entsprungen zu sein scheinen. Daraus wurde nun ein Buch und was sich zwischen den Buchdeckeln verbirgt ist eine wahre Freude.
Herrlich surreale Orte, pastellfarbene Gebäude, wo auch immer. Politik spielt keine Rolle – das tut gerade mal besonders gut – und dazu gibt es kurze, feine Texte, die einen klitzekleinen Blick hinter die wunderbaren Fassaden zulassen. Wie wohltuend mit diesem Buch sein Fernweh zu heilen und sich an Zauberorte zu träumen. Wie schreibt Filmemacher Wes Anderson so schön im Vorwort:
Eine sehr unterhaltsame Fotosammlung
und zugleich ein inspirierender Reiseführer.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Momentaufnahme
Wahrscheinlich gehöre ich zu den wenigen Menschen, die den Besuch im Berghain Studio Berlin nicht so berauschend fanden. Sammler Christian Boros und seine Frau Karin hatten die gute Idee den verwaisten Technotempel mit Berliner Kunst zu bestücken und dann dem Publikum zu öffnen. Eine Sensation, auch weil man so den legendären Club endlich mal am Tag von Innen betrachten konnte. Der Ticketpreis kam dem Berghain zu Gute und soll das Überleben sichern.
Ich fand die gezielte Ticketverknappung im Vorfeld der Eröffnung zur art week im September nervig. Eigentlich wollte ich auch gar nicht hin, dann hatte ich aber doch Tickets für meine Kunstcrew. Prompt hatte eine Freundin Schwierigkeiten an der berühmt berüchtigten Berghain-Tür und durfte, obwohl sie bezahlt, den zum Museum gewordenen Club nicht betreten. Nun denn. meine Freundin nahm es mit Humor, war sie doch an der härtesten Tür der Welt gescheitert und wartete vor selbiger bis unsere 90 minütige Tour fertig war.
Das Buch zum Happening
Natürlich waren die Räume in dem ehemaligen Kraftwerk spannend. Abgeschrabbelt und schmuddelig wie erwartet. Das Kopfkino war inklusive. Und ja, auch das ein oder andere Kunstwerk hat mich beeindruckt. Besonders die Boje von Julius von Bismarck, die gleich am Eingang über meinem Kopf schwebte und sich auch mal bedrohlich näherte.
Fotografieren streng verboten!
war die Ansage des guides, der sonst im Berghain arbeitet. Die Handy-Kameras wurden sorgfältig abgeklebt. So blieben die Bilder besser im Kopf und überfluteten zudem nicht die sozialen Netzwerke. Nun ist das Buch Studio Berghain Berlin passend zur weggesperrten Ausstellung erschienen. Und ich muss zugeben: Es ist ein sehr guter Überblick der Berliner Kunstszene im Jahr 2020. Von Yero Adugna Eticha über Alicja Kwade und Bettina Pousttchi bis zu Wolfgang Tillmans.
Insgesamt über 120 Künstlerinnen und Künstler, die in den Räumen ihre Skulpturen, Installationen, Bilder, Fotos oder Videokunst gezeigt haben. Dazu bei zu dem ein oder anderen Kunststück ein kurzer, erklärender Text. Wer also nicht im Berghain war, dem sei das Kunstbuch empfohlen. Allen Kunstinteressierten auch. Und nein, es sind auch hier keine Bilder vom Clubinneren zu finden, denn es bleibt dabei: Fotografieren nicht erwünscht. Aber wenigstens kommt das Buch an der Tür vorbei ins eigene Regal…
So – und jetzt ab in die Kunst!
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