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Gesprächsnotizen eines Roundtable Gesprächs zum Thema „Die neuen Gründer kommen – kulinarische Start-up´s in Berlin“

written by Natali Borsi 10. Juni 2015

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Ich lasse mich gerne einladen. Nicht von jedem. Aber wenn die Location stimmt, die Aussicht auf etwas Gutes zu Essen vorhanden ist und Gastgeber und Gäste interessant und im Idealfall auch noch nett sind, dann bin ich gerne Gast.

In diesem Fall war ich von Eventbrite eingeladen an einem Roundtable Gespräch zum Thema:

„Die neuen Gründer kommen“

Die Gästeliste war interessant,

und die Location noch viel mehr

Von und zu Tisch

Gebruncht  wurde bei „Von und zu Tisch“ einem kleinen feinen Feinkostladen mit einem tollen Konzept in der Auguststrasse in Berlin Mitte. Hier kann man nicht nur ausgefallene Köstlichkeiten erwerben, sondern auch an einem großen Tisch in der Mitte des Ladens ein Roundtable Gespräch führen. Während der Tisch tagsüber dazu dient, die kaufbaren Speisen zu testen, kann man diesen abends für ein ein Private Dinner reservieren und sich von den Besitzern Katerina und Sebastian Vetter bekochen lassen. Es ist kein Zufall, dass dieses Roundtable Gespräch gerade in dieser Location stattfand. Denn bei den Gründern Katerina und Sebastian Vetter handelt es sich um ein perfektes und gelungenes Beispiel eines kulinarischen Start-up´s in Berlin. Nach über 10 Jahre Tätigkeit in der Werbebranche wollte das Paar etwas Eigenes machen und ihre Leidenschaft für gutes Essen und tolle Weine mit ihren Kunden teilen. Schon immer haben sie auf  Reisen Lebensmittel von besonderer Herkunft  mitgebracht. Letztes Jahr haben sie diese Leidenschaft zur Marke gemacht und „Von und zu Tisch“ eröffnet. Hier bieten sie nur Produkte an, deren Herkunft sie kennen und ihr Anspruch ist hoch. Sie wollen die leckerste Pasta, den besten Schinken, das exklusivste Salz, die aromatischste Antipasti oder anders gesagt, Alles anbieten was man für ein perfektes Essen braucht. Entweder eingekauft oder selbst hergestellt, wie das an diesem Vormittag zum Roundtable-Brunch angebotene frisch zubereitete Bircher-Müsli. Das schmeckte (fast) so gut wie meines und war auf jeden Fall wunderbar präsentiert  – man merkt den Beiden ihre berufliche Vergangenheit an.

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Moderiert wurde die Diskussion von Sebastian Boppert von Eventbrite. Eventbrite ist eine internationale Eventplattform, die Menschen durch Live-Events zusammenbringt. Jeden Monat werden weltweit rund vier Millionen Tickets und Anmeldungen bearbeitet. Die dadurch gewonnenen Daten zeigen Veranstaltungstrends auf und zeigen, dass Veranstaltungen rund um Essen und Trinken (weltweit und in Berlin) immer beliebter werden. Das Segment Essen und Trinken wuchs bei Eventbrite im letzten Jahr um 47 Prozent. Gerade in Berlin entstehen in den letzten Jahren immer mehr Start-up´s im Segment Food. Die These von Eventbrite:

„Die nächste Generation von Berliner Food-Gründern baut sich mit ihrer Liebe zu gutem Essen und Trinken eine Existenz auf. Und reitet mit modernen Geschäftsmodellen auf neuen Trendwellen: Mit Food Festivals, die Essen als gemeinschaftliches Erlebnis kreativ in Szene setzen, gemütlichen Supper Clubs mit eigentlich Wildfremden, Kochkursen für jedermann, Food Trucks, Raw-Food-Retreats, Schlachtfesten und vielem mehr.“

Umgeben von Köstlichkeiten haben wir, die oben genannten sowie Journalisten und Blogger aus dem Food-Bereich diskutiert, welche Rahmenbedingungen Gründer in der Food-Szene brauchen und was die eigentlichen Erfolgskriterien sind. Es überrascht sicher nicht, dass vor allem die Leidenschaft sich als das Erfolgskriterium  herauskristallisierte. Und damit war vor allem auch die „Bereitschaft zu Leiden“ gemeint. Wer sich im Food Bereich engagiert und hier das große Geld vermutet, der wird enttäuscht werden. Katarina Vetter machte ganz klar, hätten wir weiter viel Geld verdienen wollen, dann hätten wir in der Werbung bleiben müssen. Aber gleichzeitig zeigt ihr Weg, dass mit einem klaren Konzept, viel Engagement und Glaubhaftigkeit erfolgreiche Konzepte im Bereich Food etabliert werden können. Dies zeigt auch der Erfolg von Steffi Metz, die seit 20 Jahren erfolgreich als Köchin unterwegs ist und vor zwei Jahren ihre eigene Kochschule in Potsdam erfolgreich etabliert hat. Erfolgreiche Food-Start-up´s bringen in der Folge neue Gründer hervor. Die Berlin Food Week, die im letzten Jahr das erste Mal gestartet ist und sich als Plattform für Food Angebote in Berlin versteht, konnte nur entstehen, weil es so viele interessante Food Akteure in Berlin gibt. Sie möchte so der Gründer Alexander van Hessen einen Rahmen bieten, in dem sich Food-Akteure präsentieren können und so Berlin in der Welt als Food-Metropole mehr Aufmerksamkeit bekommt. Seine Prognose ist, dass Food-Tourismus nach Berlin in 3-5 Jahren ganz selbstverständlich sein wird. Die Food-Akteure besser zu vernetzen und weiter zu professionalisieren hat sich auch Stefanie Rothenhöfer zum Ziel gesetzt und deshalb den ersten Berliner Food Entrepreneurs Clubs gegründet. Auch sie gehört damit zu den neuen Gründern, die das Thema Food bearbeiten, ohne zu Kochen. Sie möchte durch Seminare und Symposien ein Netzwerk für die Berliner Food-Szene etablieren.

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Was habe ich aus der Diskussion mitgenommen?

Ehrlich gesagt nichts Neues. Aber dafür wurde leider eine Vermutung von mir bestätigt, die ich bedenklich finde. Der Erlebnis-Hunger der Generation Y (auch als Millennials bezeichnet im Alter von 18-33 Jahren) gibt Studien zufolge lieber Geld für Erlebnisse als für Dinge aus. Dies hat zur Folge, dass sie bereit sind, für das gleiche Essen in einem besonderen Ambiente mehr auszugeben. Daran wäre prinzipiell auch nichts auszusetzen, wenn es nicht allzu oft dazu führt, dass das gleiche Essen in schlichten Ambiente nicht mehr gewürdigt wird. Wollen wir hoffen, dass das Erlebnis um das Essen nicht wichtiger wird, als das Essen selbst, denn sonst haben wir keine Food-Bewegung sondern nur eine Erlebnis-Hunger Bewegung. Das wäre schade, denn dann wäre die Hoffnung zunichte gemacht, dass in Deutschland Essen und Trinken einen anderen Stellenwert im Sinne einer bewussten und gesunden Ernährung erhält. Mir wäre lieber die Konsumenten zahlen mehr, weil das Gemüse saisonal und nachhaltig angebaut, weil das Fleisch artgerecht gehalten und weil der Fisch nachhaltig gefangen wurde ….. und nicht weil das Pop -up Restaurant die noch coolere Einrichtung hat als das der letzten Woche und der Woche davor und davor.

Denn darum ging es am Ende auch in der Diskussion: Entfernen wir uns immer weiter vom Essen überhaupt? Leider reichte die Zeit nicht, dieser – zugegeben etwas philosophischen Frage – weiter nachzugehen.

Ein schönes Thema für den nächsten Roundtable vielleicht?

 

 

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