Peruanische Küche – eine tolle Neuentdeckung für mich!
Jahrelang hat Patricia, eine Peruanerin, einmal in der Woche abends sehr liebevoll unsere Kinder betreut. In der Regel sind wir an diesen kinderfreien Abenden Essen oder ins Theater gegangen, haben uns mit Freunden getroffen oder einem Konzert gelauscht. Was wir nicht gemacht haben, ist peruanisch Essen zu gehen. Das war vor 10 Jahren in Berlin (und auch in London und wahrscheinlich generell ausserhalb Perus) noch unbekannt. Patricia hat für Feste bei uns gerne gefüllte Teigtaschen mitgebracht. Die waren lecker, aber mehr auch nicht. Da ich keine weiteren Berührungspunkte mit peruanischer Küche hatte, war ich doch sehr überrascht, als ich las, dass der weltberühmte französische Chefkoch Auguste Escoffier die peruanische Küche als „eine der besten Küchen der Welt“ bezeichnet haben soll. Nun ist der französische Meisterkoch schon lange tot, er starb 1935, und sein berühmtes Werk der Guide Culinaire veröffentlichte er bereits 1903. Dennoch ist es nicht von der Hand zu weisen, dass Escoffier die Haute Cuisine Frankreichs stark beeinflusst und Spezialitäten anderer Länder gerne und erfolgreich adaptiert hat. Und hat er nun Recht mit seiner These, die peruanische Küche sei eine der besten der Welt?
Seitdem ich im letzten Jahr das erste Mal CEVICHE, das Nationalgericht Perus probieren durfte, habe ich ein grosses Interesse an peruanischer Küche und begegne der Küche Perus und vor allem dem Gericht Ceviche auf einmal überall. Die beste Küche der Welt ist und bleibt für mich die italienische, aber ich muss sagen die peruanische begeistert mich zur Zeit wirklich sehr. Zufall?
Pisco? Ja – auch das ist aus Peru nicht wegzudenken. Pisco ist eine Art Grappa aus der wunderbare Drinks gemixt werden, die natürlich in Kombination mit Ceviche unverschämt skandalös schmecken. Pisco gemixt mit Wodka, Limette, Ingwer und Ananassaft nennt sich Chilcano. Chilcano ist ein Drink, der zu Ceviche perfekt passt. Ich durfte Chilcano in der Cevicheria in Berlin Kreuzberg das erste Mal auf Empfehlung von Pepe kosten. Pepe bedient und verwöhnte uns, er hat uns auch den Nachtisch Suspiro a la liména empfohlen – danach war es um mich geschehen. Aber nun erstmal der Reihe nach ….
… Ceviche, Pisco, Chicano, Suspiro a la liména, Leche de Tigre ….
Diese Namen werden bald nicht mehr aus der Küche wegzudenken und wahrscheinlich in in spätestens 10 Jahren so geläufig wie heute Sushi und Sashimi sein. Warum? Weil die Zeit reif ist für peruanische Küche. Ach ja? Ja, weil die peruanische Küche eine sehr einfache und ehrliche Küche ist, die Einflüsse anderer Länder geschickt integriert hat. Diese Küche steht für gute Zutaten, raffinierte, aber einfache Rezepturen und unverschnörkelten Geschmack. Sie ist gesund, abwechslungsreich und gut mit anderen Küchen kombinierbar und damit geradezu perfekt für alle, die Inspirationen suchen.
Die Urvölker Perus betrieben strengen Ackerbau mit Kartoffeln und dem auch heutzutage sehr im Trend liegenden andenspezifischen Getreide Quinoa und ihre Küche war reich an Eintöpfen und Suppen. Die erste grosse Einwanderungswelle erfolgte durch spanische Eroberer – sie brachten Zitrusfrüchte, Koriander, Zwiebeln, Knoblauch sowie Schweine, Rinder und Hühner nach Peru. Später kamen Chinesen als Vertragsarbeiter nach Peru und führten pfannengerührte Gerichte in die peruanische Küche ein. Die Italiener brachten Parmesan, Pasta und Panettone und Ende des 19. Jahrhunderts kamen die Japaner nach Peru. Sie brachten eine Ceviche-Variante ins Land – das Tiradito, eine Kombination von rohem Fisch mit Mirin und Soya. Aber was ist nun eigentlich Ceviche?
Ceviche ist ein Fischgericht, das aus der Not heraus entstanden ist, weil es früher nicht genügend Kühlmöglichkeiten gab, um den von den Fischern frisch gefangenen Fisch aufzubewahren. Deshalb hat man den Fisch in Peru, dem Ursprungsland des Ceviche, sofort mit Zitrone mariniert. Dadurch wird das Eiweiß ähnlich wie beim Garprozess denaturiert und der Fisch ist nicht mehr roh. Die Marinade wird „Leche de Tigre“ (Tigermilch) genannt und es gibt viele verschiedene Rezepturen dafür. Nur eines ist sicher, vom Tiger stammt die Milch nicht, auch wenn das manch einer denkt. Chakall hat mir dazu eine lustige Geschichte erzählt. Mehr dazu hier.
Und was ist Ceviche noch?
Ceviche – ein schönes peruanisches Kochbuch von Martin Morales
Ceviche ist seit kurzem auch der Titel eines sehr schönen Kochbuches über die peruanische Küche. Geschrieben hat es Martin Morales, der sich selbst als Kochfanatiker bezeichnet. Morales ist in Lima geboren und musste wegen der politisch instabilen Jahre Peru als Kind verlassen. Er wuchs in London auf und hat immer seine Familie in Peru sehr vermisst – besonders die Musik und das Essen. Martin Morales ist kein Koch, sondern hat für Disney Music und iTunes Pan Europe gearbeitet, aber seine Passion galt immer dem Kochen. Vor einigen Jahren hat er sich einen Traum erfüllt und im Londoner Stadtteil Soho sein Restaurant Ceviche eröffnet. Sein Anspruch: ein Stück Peru einfangen.
Ich kenne das Ceviche in London (es gibt bereits ein zweites Restaurant und einen Shop – ob da der nächste Ottolenghi sein Unwesen treibt?) leider noch nicht. Nach dem Lesen des Kochbuchs von Martin Morales bin ich noch mehr fasziniert von der Küche Perus und freue mich Vieles davon auszuprobieren. Die Gerichte sind wahres „Soul-Food“ – nicht verschnörkelt oder aufgemotzt, sondern sehr authentisch. Woher ich das weiß? Ich habe ein neues Lieblingslokal in Berlin, das einen eigenen Post verdient – die Cevicheria in Berlin-Kreuzberg. Hier haben wir kürzlich wunderbare Ceviches und besondere Kartoffelvorspeisen und diesen unglaubliche Nachtisch Suspiro a la liména gegessen, ich habe meinen ersten CHILCANO getrunken (meinen ersten Pisco Sour hat mir Chakall gemixt – Rezept hier) und ich habe versucht mir von Pepe unserem sehr charmanten Kellner in der Cevicheria auf einem kleinen Zettel die Rezepte geben zu lassen. Keine zwei Tage später stosse ich per Zufall im Buchladen auf das Buch von Martin Morales und frage mich, wer mich auf den Ceviche Pfad geführt hat? Das Buch ist die würdige Fortsetzung meines kleinen Zettels und ein perfekter Einstieg in die Küche Perus, klar dass ich es haben musste. Ich wurde nicht enttäuscht.
Natürlich gibt es ein grosses Kapitel allein über verschiedene Ceviches. Vom klassischen „Don Ceviche“ mit Seebarsch über ein „Conchas Borrachas Ceviche“ das aus mit Pisco beschwipsten Jakobsmuscheln von Martin Morales kreiert wurde und eines der beliebtesten Gerichte seines Restaurants ist. Unter den 10 verschiedenen Ceviche Kreationen von Martin Morales befindet sich auch ein vegetarisches namens „Chacalón“. Es wird aus Pilzen, Oliven, Süßkartoffeln und natürlich Tigermilch hergestellt.
Tigermilch – Leche de Tigre
Die Küche Perus und insbesondere Ceviche ist ohne Tigermilch nicht darstellbar. Morales widmet der Tigermilch ein ganzes Kapitel und stellt drei verschiedene Varianten vor.
Tigermilch wird auch in den Cocktails Perus verwendet. Dazu eine kleine Geschichte von Max und Robert von chicha Berlin:
Was bleibt noch zu sagen? Vielleicht eines. Ich bin nicht dafür bekannt Trends hinterherzurennen, geschweige denn jeden Trend mitzumachen. Und wenn ich ehrlich bin, stört mich der Trend zur peruanischen Küche schon wieder ein ganz klein wenig. Diese Küche verdient es, nicht als Trend, sondern als Inspirationsquelle ernst genommen zu werden. Und ich werde sicher ab jetzt gerne auch mal Pisco-Cocktails mixen, aber meinen Aperol-Spritz lass ich mir nicht nehmen, nur weil der jetzt nicht mehr hipp ist 😉 … und ab und zu ein Hugo ist auch erlaubt;-) … und irgendwer behauptet Gin-Tonic sei auch schon wieder out …. Ich glaube es ist genug Platz für alle Geschmäcker da.
Wer jetzt Lust auf die Küche Perus bekommen hat, klickt auf das Buch und geht Einkaufen oder sucht ein peruanisches Restaurant auf. In Berlin macht man das am Besten indem man auf den Street-Food Thursday in der Markthalle 9 – Ceviche Tropical @ Street Food Thursday – in Berlin-Kreuzberg geht und nach Max und Robert Ausschau hält oder das Zubereiten direkt bei Ihnen lernt und sie über die Food Fellows kontaktiert.
Und /Oder man stattet Pepe und seiner tollen Crew in der Cevicheria in Berlin Kreuzberg einen Besuch ab – am besten mit Reservierung, da es nur wenig Tische gibt und viele Ceviche Fans 😉
Vielen Dank an den Fackelträger Verlag für das zur Verfügung gestellte Rezensions-Exemplar. Selbstverständlich basiert meine Besprechung allein auf meiner persönlichen Meinung.