Kantine Neukölln klingt für alte Westberliner eher abschreckend aber „eins 44“ klingt spannend

Zu Besuch im Restaurant „eins44“, das sich im Untertitel „Kantine Neukölln“ nennt und zur Zeit der Tipp in Berlin ist. Zu Recht ?

written by Natali Borsi 8. Dezember 2014

Kantine Neukölln – eine kulinarische Bereicherung für Berlin Neukölln

Ich gebe zu, hätte mir Ende der neunziger Jahre jemand gesagt, dass ich zwei Wochen auf eine Tischreservierung in einem Lokal nördlich des Hermannplatzes in Berlin Neukölln – früher Berlin 44 – warten müsse, hätte ich laut gelacht. Denn damals wohnten wir in einer mit Kohle-Ofen beheizten Wohnung dort um die Ecke und träumten von Zentralheizung und Charlottenburger Gediegenheit.

eins44/Kantine Neukölln/Restaurant Berlin/ Kochenkunstundketchup

Wie auch immer – die Zeiten ändern sich und inzwischen sind wir froh, der Gediegenheit ab und an zu entfliehen. Dann steigen wir aus den gediegenen Westberliner Bezirken in unsere zu grossen Autos und fahren in die Bezirke, in denen wir unsere Studentenzeit verbracht haben. In diesem Fall hatten wir zwei Wochen vorher reserviert, um unsere Reise nach Neukölln anzutreten.  Denn spontan bekommt man derzeit am Wochenende keinen Tisch im „eins44“ – vor allem nicht seitdem  die Zeitschrift „Der Feinschmecker“ in ihrer November Ausgabe das „eins44“ neben dem „Katz Orange“, der „Lavanderia Vecchia“ und dem „Neni“  als besonders originelles und kreatives Lokal in Berlin preist, das „Klassiker hemmungslos neu interpretiert“.

eins44/Kantine Neukölln/Restaurant Berlin/ Kochenkunstundketchup

Ich war also sehr gespannt, denn ich teile nicht die Begeisterung für das „Katz Orange“ bin von der „Lavanderia Vecchia“ noch nicht überzeugt, aber dafür ein grosser Fan des „Neni“ im Berlin25 Hours Hotel.

Das „eins44“ punktet erstmal mit einer wirklich besonderen und tollen Location: Das Lokal befindet sich in einem Hinterhof in einer ehemaligen Schnaps-Destillerie. Keiner würde dieses Lokal einfach beim herumspazieren entdecken – wer hier her kommt, der weiß warum. Otto Reichert, der das „eins44“ betreibt, hat ohne Zweifel eine wirklich sehr besondere Szenerie gefunden und sehr schön neu interpretiert.

eins44/Kantine Neukölln/Restaurant Berlin/ Kochenkunstundketchup

Das Ambiente ist stimmig – von der Beleuchtung mit alten Midgard-Gelenkleuchten zu den teilweise über 80 Jahre alten Rowac-Stühlen – es passt alles perfekt und sehr ästhetisch zusammen. Und das Essen? Was soll ich sagen, ich habe gut gegessen, aber ich war nicht begeistert. Aber das lag auch an mir, denn ich hätte einfach „Klassiker“ wie mein Gegenüber bestellen sollen, dann hätte ich geschwelgt.

Sebastian Radtke ein erfahrener Küchenchef

Für die Küche zuständig ist Sebastian Radtke. Er hat zuvor im Mani, einem meiner absoluten Liebelingsrestaurants in Berlin mit israelisch inspirierter modernen Küche,  gekocht. Hier im „eins44“ steht er für bodenständig regionale deutsche Küche. Das klingt für viele sicher toll – aber ich bin geschmacklich nicht so für die regionale (deutsche) Küche zu begeistern, es sei denn wir befinden uns im Süddeutschen. Bin halt da unten geboren – das prägt. Hätte ich mich getraut oder anders gesagt, wäre ich so mutig gewesen wie unser Freund Konstantin Blutwurst zur Vorspeise zu bestellen und dieser eine Gänsekeule folgen zu lassen, dann würde die Kritik hier vor Lob kaum lesbar sein. Aber auch ich habe wirklich gut gegessen, allerdings ohne „Sucht“-Charakter, dass ich das morgen gleich wieder essen müsste.

eins44/Kantine Neukölln/Restaurant Berlin/ Kochenkunstundketchup

Die Karte ist übersichtlich – was ich schön finde.  Für Vegetarier bietet sie nicht wirklich eine Auswahl, was ich heutzutage schwierig finde.

Drei Gänge kosten € 39.- und das ist für die gebotene Qualität absolut okay. Die Weinkarte lässt keinerlei Wünsche offen und der Service ist sehr freundlich (und fast ein wenig zu bemüht – aber auch das ist Geschmacksache und besser so als andersrum – oder?)

eins44/Kantine Neukölln/Restaurant Berlin/ Kochenkunstundketchup

Fazit:

Wir hatten mit Freunden einen sehr schönen Abend und wegen des Ambientes würde ich sicher wieder vorbeischauen. Warum das „ein44“ jedoch derzeit so gehippt ist, ist mir nicht wirklich klar – aber ich gönne es dem sehr engagierten jungen Kochteam, mit dem wir uns als letzte Gäste an einem Freitag Abend gegen 24 h sehr nett unterhalten haben. Worüber? Über die Notwendigkeit einen Thermomix zu besitzen und die unserer Ansicht nach nicht perfekte Vorspeise – Kalbstatar an einem Fond, der den Tatar im Geschmack vollkommen übertönt hat. Daraufhin erzählte einer der Köche, sie hätten heute die Schalotte im Tatar vergessen … was soll ich sagen … die Schalotte hätte keine Wunder bewirkt ABER ich konnte mir gut vorstellen, dass das Gericht dann wesentlich interessanter und harmonischer geschmeckt hätte. Inzwischen steht das Kalbstatar in einer neuen Kombination, die ich sehr viel interessanter finde auf der gerade aktuellen Karte.

Mein Tipp:

Hingehen und einen schönen Abend in Berlin Neukölln verbringen und keine Angst vor der Blutwurst haben.

eins44
Kantine Neukölln
Elbeestrasse 28/29 – III.Hof
12045 Berlin
Te.: 030 / 62981212
www.eins44.com 
 
Sorry für die Bildqualität – ich hatte nur mein Handy dabei, aber ich glaube die Besonderheit der Location ist sichtbar. 

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