Seeteufel nach Art von Tim Mälzer & Eckart Witzigmann
Zunächst muss ich kurz erzählen, warum ich ein schlechtes Gewissen habe. Ich und mein Küchenhocker (und liebe Freunde und mein Mann) sind sehr regelmäßig bei Antje und Volker zum Essen eingeladen und es schmeckt jedes mal fantatisch und die Abende sind immer ein Hochgenuss sowohl kulinarisch als auch menschlich und überhaupt. Und jedes mal fotografiere ich viel, schreibe die Rezepte – nein die Kreationen – mit und dann sitze ich am Schreibtisch und erliege meinen Aufzeichnungen. Volker und seine Frau Antje kochen einfach nie nach Rezept (genau wie ich – deshalb gibt es ja diesen Blog, damit ich endlich mal aufschreibe was ich koche), sondern immer nach Gefühl und Laune und sehr oft Gerichte, die sie gerade irgendwo (oft auf Mallorca) mit Begeisterung gegessen haben. Aufgeschrieben wird dabei natürlich nie etwas. Und ich bin an diesen Abenden bereits nach dem ersten Drink – es gibt immer erstmal zur Begrüssung auf leeren Magen etwas Hochprozentiges – so tiefenentspannt, dass ich am nächsten Tag am Schreibtisch meine Aufzeichnungen nur noch schwer nachvollziehen kann und die Reportage erstmal verschiebe.
Aber diesmal hat – zumindest der Gastgeber – nach Rezept gekocht. Eingeladen waren wir zu Fisch in Salzmantel und als wir die Küche betraten, dampften die Kochtöpfe, es roch fantastisch, der Grill draussen war an und der Fisch war in seine Einzelteile zerlegt. Denn der kochende Gastgeber hatte am Nachmittag plötzlich die Eingebung, er wolle mal so einen ganzen großen Fisch – einen Seeteufel – selbst zerlegen und nicht einfach in Salz begraben. Ausserdem hat ihn ein Rezept aus einem Kochbuch inspiriert und tatsächlich lag ein aufgeschlagenes Kochbuch in der Küche. Meine Chance – ich konnte beruhigt den Abend geniessen, nach Gin-Tonic zum Wein übergehen und am Ende einfach das Kochbuch – ein sehr schönes Kochbuch – mit nach Hause nehmen 😉
Das Kochbuch: “Zwei Köche, ein Buch” von Tim Mälzer und Eckhart Witzigmann
- Zwei Köche - ein Buch - lässig, cool und köstlich!
Küchenbulle trifft Jahrhundertkoch
Witzigmann: "Ich habe den Tim ganz anders eingeschätzt, als er eigentlich ist."
Ich bin dem Gastgeber sehr dankbar über das Kochen nach Rezept, denn so kann ich zumindest eines der vielen (ich verspreche ich werde auch die anderen Abende irgendwann niederschreiben) Gerichte weitergeben, die unsere Gastgeber im Laufe der Zeit gezaubert haben. Dieses mal gab es als Aperitif Gin-Tonic – neben Whiskey Sour der Lieblingsdrink des Gastgebers. Und natürlich gab es nicht nur einen einfachen Gin-Tonic. Nein, es wurden verschiedene Gin-Sorten – erst Greenall´s Gin und dann Finsbury Gin – probiert und so waren wir dann, als wir am Grill zur Zubereitung der Vorspeise standen, schon gut von innen gewärmt. Trotz November glühte auf der Terrasse der Grill und wir dachten alle, der Seeteufel käme statt im Ganzen und in Salzkruste fein zerlegt auf den Grill.
Aber der Gastgeber hatte nicht vor zu grillen sondern wies darauf hin, dass das “Projekt auf der Terrasse” mit ihm und seiner Kocherei nichts zu tun habe, das sei das Projekt seiner lieben Frau. Ein Lachs hauchdünn geschnitten, auf Backpapier gelegt und auf dem Papier kurz gegrillt und dann mit Algen und einer asiatischen Sauce serviert … ich sage nur die Dame des Hauses hatte ein tolles Projekt und die Vorspeise war schon ein Traum – aber dazu ein anderes Mal, denn natürlich existiert zur Vorspeise kein Rezept und aufgrund des Gin-Konsum auch keinerlei Aufzeichnungen von mir. Aber die Fotos beweisen, es war köstlich! Antje hatte diese Vorspeise diesen Sommer auf Mallorca kennengelernt und sie perfekt nachempfunden. Dazu hatte sie den Tisch mit einer französischen Tageszeitung dekoriert und uns alle damit mitten im November-Grau in Sommerurlaubsstimmung versetzt.
Antje bezaubert uns immer mit wunderbaren Tischdekorationen. Sie braucht dafür nichts außer ihrer Kreativität. Für alle Anderen gibt es wunderbare Bücher mit Ideen. Mit gefällt besonders dieses, das seine Gäste wirklich willkommen heißt:
- Mit Gästen zuhause von Stefanie Luxat
Neben den Deko-Ideen laden erfahrene Gastgeber zu sich nach Hause ein und verraten ihr Knowhow wie z.B. was wirklich in eine Hausbar gehört, mit welchem Getränk man Gäste sogar nach einem Drei-Gänge-Menü noch zum Tanzen bringt und wo es aussergewöhnliches aber bezahlbares Geschirr zu finden gibt
Viele wunderbare Tischdekoration & kreative Ideen wie man es sich und seinen Gästen Zu hause schön macht!
Seeteufel mit Topinamburpüree wie Mälzer & Witzigmann es kochen:
Aber nun zu einem wirklich ausgefallenen schönen Rezept zum Nachkochen oder Neuinterpretieren, denn natürlich diente dieses Rezept Volker nur als ungefähre Grundlage.
Seeteufel mit Topinambur-Püree an einer säuerlicher Sherryessig-Sauce
Als erstes das Topinambur-Püree vorbereiten:
Topinamburpüree mit Weißwein und Sahne
Print ThisIngredients
- Topinambur, 600 g geschält und klein geschnitten
- Weisswein, 100 ml
- Sahne, 250 g
- Butter, 50 g
- schwarzer Pfeffer aus der Mühle, nach Geschmack
- Cayennepfeffer, nach Geschmack
- Salz, nach Geschmack
Instructions
- Topinambur schälen und in kleine Würfel schneiden. Das Schälen dieser krummen Knollen ist mühsam, deshalb suche ich mir schon beim Kauf möglichst grosse und gerade geformte Knollen heraus. Topinambur bekommt man im Bio-Laden und gut sortierten Gemüseabteilungen grosser Supermärkte.
- Die Topinmabur Stücke mit der Butter (50 g) in einem Topf bei mittlerer Hitze anbraten.
- Mit Weißwein ablöschen und dann die Sahne unterrühren. Nun mit Salz und Pfeffer und etwas Cayennepfeffer würzen.
- Etwas 10 Minuten schmoren, bis die Topinmabur weich sind. Dann entweder mit dem Pürierstab oder (das finde ich schöner) mit einem Kartoffelstampfer zu einem Püree verarbeiten.Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
dann den Fisch und die Sherrysauce zubereiten:
Seeteufel an Sherryessig Sauce mit Topinamburpüree
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- Schalotten
- Knoblauchzehen
- Butter, 270 g
- Sherryessig, 50 ml
- Geflügelfond, 100 ml
- Kalbsjus, 1 EL (hatten wir nicht verwendet)
- Seeteufelfilet, 4 Stück à ca. 140 g
- Rosmarin, 4 Zweige
- Olivenöl, 2 EL
Instructions
Schalotten und Knoblauch schälen und fein würfeln. 20 g Butter erhitzen und Schalotten darin glasig dünsten. Mit Sherry und Sherryessig ablöschen. Hühnerbrühe und Kalbsjus unterrühren und langsam einköcheln lassen. Mit einem Pürierstab mixen und durch ein Sieb zurück in den Topf passieren. 150 g handwarme Butter nach und nach unterrühren. Mit Salz und Cayennepfeffer würzen und warm stellen. Nicht mehr kochen lassen.
Backofen auf 150 g vorheizen (Umluft nicht geeignet). Seeteufelfilets salzen und mit den Knoblauchzehen in Olivenöl anbraten. Seeteufelfilets und Knoblauch in der Pfanne im Backofen etwa 8 Minuten garen. Alles herausnehmen, die Pfanne wieder auf den Herd stellen. 100 g kalte Butter und Rosmarinzweige zum Seeteufel geben und erhitzen. Seeteufel, Knoblauch und Rosmarin mehrmals mit der Butter beträufeln.
Topinambur-Püree auf vorgewärmte Teller verteilen. Mit den Seeteufelfilets, Knoblauchzehen und Rosmarin anrichten. Sherryessig Butter darüberträufeln.
Ich habe mir das Buch “Zwei Köche, ein Buch” noch an diesem Abend ausgeliehen und deshalb beim Kochen nicht mitgeschrieben. Das war natürlich ein Fehler, denn ganz genau nachgekocht hat Volker nicht – hätte ich mir auch denken können. Aber genau das entspricht auch dem Tenor dieses schönen Kochbuches, in dem Tim Mälzer im Vorwort den Koch Vincent Klink zitiert:
“Sehr geehrter Leser oder Betrachter des vorliegenden Kochbuches, sollten Sie die Rezepte nachgekocht haben und es sieht genauso aus, wie wir das auf den Fotos gemacht haben, möchte ich Ihnen an dieser Stelle eins versprechen: Sie haben alles falsch gemacht.”
Wir haben an diesem Abend nicht viel falsch gemacht, aber gerade genug, dass es ein köstliches Essen ergab, das wirklich lohnt nachgekocht zu werden.
Das Kochbuch von Mälzer und Witzigmann verdient vielleicht eine eigene Besprechung – demnächst. Ich war von der Leihgabe so angetan, dass ich den Verlag* angeschrieben und um ein Rezensions-Exemplar gebeten habe. Dieses liegt nun auf meinem Tisch und ich werde am Sonntag als erstes das Rezept “Hartgekochtes Ei” mit der Überschrift “So einfach und doch so schwer” ausprobieren. Albern? Irgendwie ja, aber auch nicht, denn Mälzers Erklärung dafür finde ich sehr interessant und stimmig. Den beiden Köchen geht es in ihrem Buch nicht um kulinarische Verrenkungen, sondern um gute Produkte. Ein kleiner Auszug aus dem wunderbaren Autorengespräch im Vorwort:
Witzigmann: “Einem guten Produkt muss ich keine Paroli bieten”
Mälzer: “Im Buch gibt es eine Anleitung für ein gekochtes Ei. Vermutlich eines der kürzesten Rezepte, die jemals den Weg in ein Kochbuch gefunden haben. Der Verlag hat moniert: Sagt mal, ist das Euer Ernst? – Darauf habe ich geantwortet: Genau das ist der Unterschied zwischen einem hart gekochten Ei und einem perfekt hart gekochten Ei. Deshalb haben wir diesem Ei eine Doppelseite gewidmet.”
Ja, Mälzer und Witzigmann haben Recht – sehr Recht. Wer gute Produkte verwendet und sie mit Liebe und Sorgfalt behandelt und kocht, der wird immer gut essen.
Natürlich braucht man zum Kochen einen schönen Gin-Tonic oder am Besten mehrere. Denn dies habe ich an diesem Abend “erschmeckt”: Tonic ist nicht gleich Tonic und Gin ist definitiv nicht gleich Gin und Gin Tonic kann je nach Gin und Tonic Sorte zur wahren Delikatesse werden. Ich glaube ich muss mir im Onlineshop Vidamo (einem Anbieter hochwertiger Spirituosen) zwei, drei Sorten Gin besorgen, wenn Volker das nächste Mal zu Besuch kommt. Er trinkt nämlich gerne ein Bier oder einen Gin Tonic zur Begrüssung. Das Bier schmeckte ihm das letzte Mal bei uns gar nicht. Zu Recht und peinlich für uns. Es war seit zwei Jahren abgelaufen – wir lachen heute noch darüber und ich denke Volker wird einen Gin bei uns immer vorziehen.
Was bleibt noch zu erzählen? Die Frage nach dem Dessert!
Natürlich gab es an diesem Abend auch ein köstliches Dessert: Apfel-Crumble und köstlichen Käse. Wir sind nach Hause “torkelnd gerollt”. Ihr Lieben – habt herzlichen Dank für diesen schönen Abend;-) Freuen uns auf mehr!
Und dies und noch Einiges mehr durfte der Küchenhocker bei Antje und Volker alles schon geniessen und bald wird es auch verbloggt – versprochen.
- Zwei Köche - ein Buch - lässig, cool und köstlich!
Küchenbulle trifft Jahrhundertkoch
Witzigmann: "Ich habe den Tim ganz anders eingeschätzt, als er eigentlich ist."