Ein Kochbuch ohne Bilder oder anders gesagt: Ich habe heute leider kein Bild für Euch ….
Dass ich Kochbücher liebe ist kein Geheimnis. Dass ich insbesondere Kochbücher ohne Bilder oft mehr liebe vielleicht schon. Warum? Weil sie die Fantasie mehr anregen und auf eine vielleicht altmodische Art und Weise ehrlicher sind. Sie können nicht mit perfekt inszenierten Fotos punkten, sondern müssen mit Inhalt überzeugen. Und das ist nicht leicht und nur den wenigsten Kochbücher – egal ob mit oder ohne Fotos – können das auf eine wirklich einzigartige Weise. Warum kann es dieses Buch? Weil es viel mehr ist, als eine Sammlung von 450 italienischen Rezepten, es ist eine Anleitung für „normales Essen“ – oder genauer ausgedrückt – für „normales italienisches Essen“. Wer jetzt denkt, ich spinne und nicht weiterliest, dem sage ich gerne „Ciao“ 😉 Wer weiterliest wird besser verstehen, worum es mir hier in diesem Blogmagazin geht. Ja – richtig geraten: Um „normales Essen“, aber eben um richtig gutes normales Essen! Und wer weiterliest wird mit einem Kochbuchtipp belohnt, dessen Anwesenheit in der Küche er nicht mehr missen möchte. Versprochen – aber erstmal der Reihe nach. Um welches Buch geht es eigentlich? Es trägt den schlichten Titel: „Die klassische italienische Küche“ und ist manchen bereits aus den 70er Jahren bekannt. Geschrieben hat es Marcella Hazan und in Italien kennt das Buch niemand. Aber der Reihe nach:
Wer ist Marcella Hazan?
Marcella Hazan ist eine Italienerin, die es in den siebziger Jahren in die USA verschlagen hat. Sie hatte nie kochen gelernt, sondern war studierte Biologin und stand vor der Herausforderung für ihren Mann in den USA zu kochen, der darauf bestand erstklassiges italienisches Essen serviert zu bekommen – ja so war das wohl damals 😉 Marcella begann zu kochen und erinnerte sich an die Geschmäcker ihrer Kindheit. Um mehr zu Lernen belegte sie außerdem Ende der sechziger Jahre einen Kochkurs für chinesische Küche, weil ihr Kochen mehr und mehr Spaß machte und sie neue Geschmäcker entdecken wollte. Aber der Kurs wurde nicht weitergeführt und Marcella wurde von Mitschülerinnen gefragt, was Sie denn zu Hause eigentlich so koche? Marcella antwortet, sie koche normales Essen, also Dinge wie Tagliatelle alla Bolognese, Risotto con Funghi und anderes. Daraufhin wollten die anderen Kursteilnehmer diese Gerichte auch bei ihr lernen und sie gab den ersten Kochkurs in ihrer Wohnung für „normales Essen“. Was daraus folgte? Marcella Hazan machte Karriere. Ihre Bücher – darunter dieses – wurden vielfach ausgezeichnet und weder Amerikaner noch Australier konnten genug von Marcella Hazan Rezepten bekommen. Ihr Mann gab seinen Beruf auf und unterstützte Marcella’s Karriere. Nur in Italien erschien nie ein Buch von ihr, aber die Italiener bekommen diese Küche ja ohnedies in die Wiege gelegt. Es heißt der Markt sei zu klein in Italien für das Buch – eine schöne Anekdote nebenbei. Marcella wurde 89 Jahre alt – sie starb im September 2013 in Florida.
Marcella Hazan – wunderbare Neuausgabe vom Echtzeit Verlag 2015
Ich habe noch ein altes Buch von Marcella Hazan aus dem Heyne Verlag und war sehr erfreut, dass es nun diese Neuausgabe vom Echzeit Verlag gibt. Wertvoll eingebunden, schnörkellos und schlicht genau 600 Seiten Genuss und vor allem ganz viel Wissen. Deshalb überschreibt Christian Seiler auch das Vorwort zu dieser Ausgabe mit dem Satz „Das schlaue Buch“. Er geht sogar soweit zu sagen, dürfte er nur ein Kochbuch besitzen, so sei es dieses. Soweit würde ich nicht gehen, aber wenn es um italienische Küche geht, hat sie wenig Konkurrenz. Denn sie schreibt nicht einfach Rezepte auf, sondern transportiert ein grundsolides Kochwissen, das nicht nur für die italienische Küche, sondern für jede Küche und jedes „normale Essen“ unverzichtbar ist. Deshalb können absolute Kochanfänger damit wunderbar Kochen lernen und Hobbyköche oder Profis finden viele Tipps und Kniffe, die auch für sie neu sind.
Die Grundlagen oder die Quellen des guten Geschmacks
Marcella Hazan beginnt ihr Buch mit zwei Seiten, auf denen sie drei simple und doch so unglaublich entscheidende Basistechniken der italienischen Küche (eigentlich jeder Küche würde ich sagen) beschreibt. Sie sagt der Geschmack italienischer Speisen hängt von den Grundprinzipien ihrer Zubereitung ab.
„Er soll nichts verdecken, sondern eine Grundlage sein. In jeder Pastasauce, jedem Risotto, jeder Suppe, jedem Ragout, Schmor- oder Gemüsegericht unterstützt, verstärkt und betont eine Geschmacksgrundlage die Hauptzutaten. Wenn Sie die schrittweise Abfolge, die für einen großen Teil von Rezepten der italienischen Küche verbindlich ist, verstanden haben und die drei Basistechniken entsprechend anwenden können, haben Sie schon viel erreicht. Die drei Techniken heißen Battuto, Soffritto und Insaporire.“
Ganz ehrlich – ich wusste bisher nicht, dass ich eigentlich jeden Tag genau dieses in meiner Küche tue. Ohne Battuto-Soffritto-Insaporire geht bei mir fast gar kein Gericht (nicht nur in der italienischen Küche) und vielleicht schmeckt deshalb mein „normales Essen“ meist Besonders. Eigentlich könnte das Kochbuch nach diesen drei Seiten auch zu Ende sein, denn mit etwas Fantasie und Intuition lassen sich mit Beherrschung dieser drei Grundtechniken wirklich wunderbare Gerichte zaubern, denn diese Techniken sind wirklich die Quellen des guten Geschmacks. Um die Neugierde etwas zu stillen, hier eine ganz kurze Beschreibung:
BATTUTO
- Grundlage eigentlich jeder Pastasauce, jedes Risottos, jeder Suppe und vieler Fleisch- und Gemüsegerichte – Buttuto ist eine Mischung aus kleingehackten Zwiebeln, die auf einem Schneidebrett geschlagen werden – battere heißt schlagen und daraus entstand Battuto. Je nach Gericht kommen Speck, Petersilie, Knoblauch, Sellerie oder Karotten dazu.
- In meiner Küche – fast bei jedem Gericht – beginnt mein Kochprozess mit dem Kleinhacken von Zwiebeln (rot / weiß / Schalotten und wird ergänzt durch die Zugabe von Knoblauch / Ingwer / Zitronengras abhängig davon, was ich koche. Insofern ist diese Technik auch für andere Länderküchen der erste Arbeitsgang!
SOFFRITTO
- Ein BATTUTO verwandelt sich in ein SOFFRITTO, wenn die Zutaten angeschwitzt werden. Dieser Schritt geht dem Hinzufügen der Hauptzutaten – egal welcher – immer voraus. Dabei gibt es einiges zu beachten, aber das verrate ich hier nicht alles – nachzulesen gerne bei Marcella. Denn natürlich gibt es auch Sonderfälle, dann wird ein Battuto zu einem „a crudo“, z.B. ist ein Pesto ein „Battuto a Crudo“ aber dazu sagen dann viele italienische Köche „Pestino“ 😉
INSAPORIRE
- Insaporire heißt übersetzt „Geschmack verleihen“. Dazu gibt man die Hauptzutaten des Gerichts zum SOFRITTO dazu – beim Risotto z.B. den Reis – und röstet diese bei starker Hitze zusammen bis sich die Aromaträger verbinden. Marcella schreibt: „Oft lässt sich ein unbefriedigender Geschmack, eine gewisse Fadheit bei Gerichten, die angeblich italienisch sind, darauf zurückführen, daß der Koch diesen Schritt nicht sorgfältig genug ausgeführt hat, ihm nicht genug Zeit geschenkt oder ihn gänzlich ausgelassen hat“. Ich kann nur sagen: Recht hat sie!
Italienische Küche und ihre Zutaten
Auch wenn man diese drei oben beschriebenen Grundtechniken wirklich drauf haben sollte – wie schon gesagt, egal was man kocht – lebt die italienische Küche natürlich von ihren besonderen Grundzutaten. „Die italienische Küche“, so schreibt Marcella, „ist eine Küche des Südens und der Vielfalt“. Denn jeder Italiener rühmt genau die Küche seiner Region und „die italienische“ Küche gibt es nicht wirklich. Die Küche Italiens ist die Summe vieler regionaler Küchen. So ist die Küche von Venedig überhaupt nicht vergleichbar mit der Küche von Neapel oder die von Bologna mit der von Florenz. Trotzdem stellt Marcella eine sehr gute Liste von Produkten zusammen, die man parat haben sollte, wenn man italienisch kochen möchte – sozusagen das „Einmaleins dieser Küche“. Dazu gehören …
- Anchovis
- Aceto Balsamico
- Basilikum
- Bohnen
- Bottarga
- Brühe
- Hausgemachte Fleischbrühe
- Fontina
- Kapern
- Kalbsschnitzel
- Kapern
- Knoblauch
- Lorbeer
- Majoran
- Mortadella
- Mozzarella die Buffala
- Muskatnuss
- Oliven
- Olivenöl extra Vergine
- Oregeano
- Pancetta
- Parmigiano Reggioano
- Pasta
- Petersilie
- Schwarzer Pfeffer
- Prosciutto
- Radicchio
- Reis
- Ricotta
- Pecorino Romano
- Rosmarin
- Salbei
- Semmelbrösel
- Getrocknete Steinpilze
- Thunfisch
- Tomaten Trüffel
- Wasser
Wem jetzt das Wasser im Munde zusammengeflossen ist, wird sicher über die letzte Zutat schmunzeln: WASSER? Marcella schreibt dazu:
„Wasser ist in der italienischen Küche die bescheidenste und kostbarste Zutat zugleich; sein Wert ist gerade deshalb so hoch, weil es so unauffällig ist …..“
Warum, das sei hier nicht verraten. Verraten sei nur, dass Marcella über jede der oben genannten Zutat genau das schreibt, was man wissen muss, um damit kochen zu können und auch um sie in der richtigen Qualität einzukaufen. Allein beim Lesen dieser Beschreibungen lernt man soviel über gute Küche, dass man am liebsten sofort loslegen möchte etwas zu Kochen – so zumindest erging es mir. Und dann hat man die Qual der Wahl, denn es folgen nicht nur 450 Rezepte sondern auch bestimmt genauso viele Tipps, Tricks und Grundlagen. Dazu schreibt sie über viele Gerichte sehr persönlich, z.B. das Geheimnis der Fischsuppe ihres Vaters und wie sie es schaffte, das Aroma der Fischköpfe in die Suppe zu bringen.
So – und nun habe ich beim Schreiben dieses Artikels schrecklich Hunger bekommen. Ich werde jetzt den Rat aus dem Vorwort des Buches beherzigen und Seite 143 aufschlagen. Im wirklich sehr lesenswerten Vorwort zur Neuausgabe des Buches steht:
„Die klassische italienische Küche“ ist sozusagen das schlaue Buch, wie es Tick, Trick und Track immer aus der Tasche ziehen, wenn es brenzlig wird, nur nicht ganz so handlich – und vielleicht eine Spur universell. Dadurch jedoch eindeutig brauchbarer, wenn ihr Sohn ohne Ankündigung vier Freunde mit nach Hause bringt und meint das ein kleiner Imbiss jetzt genau das Richtige wäre. Das ist der Zeitpunkt, zu dem Sie mit geschlossenen Augen in die Küche gehen und mit einstudierter Geste dieses Buch in Ihre Hand kippen lassen, um es auf Seite 143 aufzuschlagen, wo das Rezept für diese unglaubliche sämige Tomatensauce mit Zwiebeln und Butter steht. Dann öffnen Sie langsam die Augen und stellen das Spaghettiwasser auf.“
Wie der Zufall es will, ist heute Zeugnistag in Berlin – morgen beginnen die Winterferien und tatsächlich kommt gerade mein Sohn mit drei Freunden zur Tür herein und natürlich haben alle Hunger – na wenn das kein Zufall ist.
Wer jetzt Lust bekommen hat auf dieses wunderbare Buch, der kann es über Amazon (siehe Kasten unten) oder direkt beim Verlag bestellen. Und noch ein kleiner Nachtrag – statt bunter Bilder gibt es einige hübsche Zeichnungen und natürlich ein Foto von Marcella 😉
- Es ist mein Lieblingsbuch der italienischen Küche. Hier was andere sagen:
- "Ich lese dieses Kochbuch wie andere Menschen Romane." Fergus Henderson
- "Wirklich unentbehrlich" Nigel Slater
- "Wäre in meiner Küche nur Platz für ein Buch, es wäre dieses." Christian Seiler
Und weil das mit dem Bestellen ja immer etwas dauert, hier noch das Rezept für hungrige Teenager und Bloggerinnen:
Tomatensauce mit Zwiebeln und Butter nach Marcella Hazan
Dieses Rezept ist die einfachste Tomatensauce die ich kenne, weil man wirklich nichts – nein noch genauer gesagt – gar nichts schnippeln oder vorbereiten muss, sofern man die Sauce mit Dosentomaten kocht. Man braucht kein BATTUTO und kein SOFFRITTO sondern nur wirklich gute frische Tomaten (okay die muss man häuten oder passieren) oder eben sehr gute Dosentomaten z.B. von San Marzano. Ich vergass, eine Zwiebel muss geschält und halbiert werden….. aber das war es dann auch schon! Und ein Schlückchen Rotwein sollte man sich dazu gönnen.
Bon Appetito 😉
Tomatensauce mit Butter nach Marcella Hazan
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- Für ca. 6 Portionen, separator
- Tomaten frisch und reif oder aus guter Qualität aus der Dose, 900 g frisch oder 500 g aus der Dose
- Butter, 75 g
- Zwiebel mittelgross
- Parmesan frisch gerieben (Parmigiano Reggiano), nach Geschmack
- Pasta - Spaghetti, Penne ..., 450 - 675 g je nach Hunger
Instructions
Tomaten vorbereiten:
- Diese Sauce nur dann mit frischen Tomaten kochen, wenn wirklich Tomatenzeit ist und man duftende reife aromatische Tomaten bekommt. Diese dann kurz (1 Minute) mit kochendem Wasser überbrühen und nach dem Abkühlen von der Schale befreien, den Strunk herausschneiden und in Stücke schneiden.
- Bei Dosentomaten am Besten Tomaten aus Italien z.B. San Marzano verwenden, wenn es nach Marcella Hazan und mir geht. Bei Dosentomaten darauf achten, dass es sich um ganze festfleischige Tomaten in wenig eigenem Saft handelt. Beim Kochen sollen die Tomaten ihr volles Aroma entwicklen und eine Fruchtigkeit, die keinen unangenehm süßen Nachgeschmack hat.
Zubereitung:
- Die Zwiebel schälen und halbieren.
- Die vorbereiteten Tomaten – frisch enthäutet oder passiert oder Dose – in einen Topf geben. Butter, Zwiebel und Salz hinzufügen und das Ganze im offenen Topf ca. 45 min stetig vor sich hin kochen lassen. Gelegentlich umrühren. Die Sauce ist fertig, wenn das Fett sich von den Tomaten absetzt. Die größeren Tomatenstücke mit einem Holzlöffel zerdrücken.
- Mit Salz abschmecken und die Zwiebel vor dem Servieren entfernen und die Pasta sofort mit der Sauce servieren. Frisch geriebenen Parmesan sehr guter Qualität dazu reichen.
Die Sauce kann gut eingefroren werden. Es lohnt sich, die doppelte Menge zuzubereiten, um immer etwas von dieser Sauce schnell griffbereit zu haben.
Es lohnt sich die Sauce aus San Marzano Tomaten zu kochen. Ich bekomme diese bei mir im Reformhaus und wenn nicht, dann bestelle ich mir einen Vorrat hier:
- Rote Tomaten San Marzano ganz & geschält
- Dosentomaten bester Qualität!
- 6 Dosen a 260 gr.
Wenn Dosentomaten, dann diese für aromatische Saucen und Tomatensugo!
Im Sommer verwendet ich lieber als Dosentomaten duftende – sonnenverwöhnte – aromatische – reife – frische Tomaten – aber leider ist ja nicht das ganze Jahr Sommer ;-(
Wer Kochbücher genauso liebt wie ich und nicht mit nur einem Leben kann, der schaut liest gerne hier weiter welche Kochbücher ich sonst noch gerne lese:
Meine Kochbücher – eine Auswahl!
Darunter für Liebhaber der italienischen Küche das wundbare Kochbuch aus Harry’s Bar in Venedig:
HARRY´S BAR KOCHBUCH –
welches sich sehr gut neben Marcella Hazan im Regal macht !