#2 Kulinarischer Wochenrückblick oder die Frage …

… wann wird es endlich wieder Sonntag?

written by Natali Borsi 1. Mai 2020

Wo ist mein Wochenende geblieben?

Ich habe das Verhältnis zu den Wochentagen verloren. Schuld ist  Corona.

Im Home Office fühlen sich inzwischen alle Tage gleich an. Auch wenn wir schon seit Jahren viel im Home Office arbeiten, ist dennoch ein großer Unterschied zu erkennen. Diese Freitagskolumne ist mein Versuch, der Woche eine neue Struktur zu geben.

Ich liebe es Gäste zu haben und mindestens einen Abend am Wochenende lade ich normalerweise Freunde und Bekannte ein oder wir gehen gemeinsam essen. Also damals, vor einigen Wochen, in der noch „alten Normalität“.

Mal in großer Runde, mal in kleiner Runde und eines habe ich den letzten Wochen schmerzlich realisiert:

Ich bin sehr gerne Gastgeberin. Es fehlt mir unglaublich. Ich liebe diese flirrende Atmosphäre bevor es klingelt. Ich liebe es, wenn sich alle gut unterhalten und sich wohl fühlen. Ich erfreue mich an den Geräuschen, wenn alle durcheinander schnattern und eigentlich niemand aus meiner engen Küche sich an den Tisch setzen möchte, weil es so gemütlich und leicht ist.

Was tun? Zivil Ungehorsam sein?

Die Jugend hat in unserem Garten eine sehr grosse Terrasse gebaut. Wir nennen sie die „Corona-Terrasse“.

Da wir im Home Office arbeiten, haben wir dort ein Meeting mit Kunden gehabt. Ich fühlte mich das erste Mal seit der Kontaktsperre für kurze Zeit als Gastgeberin. Juhu!

Ich habe natürlich nichts gekocht. Es gab nur japanisches Reisgebäck und ein paar Oliven.  Für jeden auf einem eigenen Teller.  Nach getaner Arbeit gab es ein Gläschen Sekt  – ist das schon ziviler Ungehorsam? Nach einem weiteren Glas habe ich eine Fertigpizza in den Ofen getan, denn wir wollten uns nicht trennen und noch ein Gläschen Wein trinken. Es war so wunderbar „normal“. Die Pizza habe ich mit frisch gewaschenen Händen und einem Pizzaschneider aufgeschnitten. Peinlich darauf achtend, dass ich nicht niese oder gar nasche und dann mit dem Finger das Brett anfasse. Puh … so gar nicht meine Art zu kochen.

Und wie war es?

Schön. ABER sehr ungewohnt. Sehr anders. Auf eine merkwürdige Weise verstörend und gleichzeitig vertraut. Und nun? Machen wir das wieder?

Ja. Aber gerne ohne Arbeitsmeeting davor.

Während ich das „Ja“ schreibe, sagt mein Bauch: Oder lieber doch nicht?

Woran das liegt? Ich habe darüber im Nachgang lange nachgedacht. Mein Denkergebnis:

Ich brauche ein Commitment meiner Gäste/Arbeitskollegen/Kunden und meine Gäste/Arbeitskollegen/Kunden von mir in etwa dieser Art und Weise:

Liebe Gäste / Kollegen / Kunden ich werde alles tun, damit sich niemand bei mir/uns ansteckt. Aber garantieren kann ich das nicht. Denn wir alle sind jeden Tag zwar viel weniger, aber dennoch Kontakten ausgesetzt und da wir Menschen sind, sicherlich auch mal unbeabsichtigt unvorsichtig. Das gilt auch umgekehrt lieber Gast / Kollege / Kunde, der du zu mir kommst. Auch Du kannst nicht garantieren, dass du nicht infiziert bist, es sei denn Du wurdest vor einigen Stunden negativ getestet .

 

Commitment gewünscht!

Sollte die Kontaktsperre gelockert werden, bedeutet das für für mich:

Statt anderen zu versichern, dass man selbst ganz sicher nicht infiziert sei, weil … blablabla … würde ich mir wünschen, dass wir uns trauen nicht nur zu denken, sondern auch zu sagen:

Ja, es kann sein, dass ich mich irgendwo in den letzten Tagen von irgendwem infiziert haben könnte,  trotzdem ich mich an die Abstandsregeln halte und eine Maske trage und die Hände regelmässig wasche. Bitte weist mich darauf hin, wenn ich ungeeignete Gewohnheiten (Nasebohren, etc.) habe, die ich vielleicht gar nicht bemerke.  Vor allem, wenn ich nach einigen Gläsern Wein und in netter Gesellschaft mal dieses Virus vergessen sollte. Danke.

Hört sich ungewohnt an, hat nichts mit alter Normalität zu tun und soll auch keine neue Normalität werden. Es dient allein der momentanen Realität und ermöglicht uns vielleicht dadurch ein (fast) wieder normales Leben. Aber was ist schon normal.

Immer wieder Sonntags …

In diesem Sinne hoffe ich sehr, dass ich bald wieder Gastgeberin sein darf oder als Gast in eines meiner Lieblingsrestaurants  gehen kann. Denn ich habe einen Ohrwurm im Kopf seit einigen Tagen. In den 80 ´er Jahren sang das Schlagerduo Cindy & Bert:

Immer wieder Sonntags kommt die Erinnerung …. dipidipi dip dip…

Bei ihnen kam die Erinnerung an die immer gleichen Lieder der Musikanten aus Athen. Bei mir kommt die Erinnerung an fröhliche kochende Wochenenden mit langen Tafeln lieber Menschen daheim oder anderswo. Es wird irgendwann wieder so sein, da bin ich mir sicher. Bis dahin wünsche ich mir einen verantwortungsvollen Umgang mit der unsicheren, sich widersprechenden und durchaus frustrierenden momentanen Realität.

Kochen tue ich inzwischen auch unter der Woche wie früher nur Sonntags. Das gibt Wärme, Halt und Trost. Meine Waage sagt, liebe Natali, ein kulinarisches Sonntagsleben wiegt leider schwer. Aber warum sollte man auf die Waage hören? Sie ist ja kein Virologe 😉 In diesem Sinne:

Was gab es letzte Woche so zum Essen bei mir?

Hier ein kleiner Ausschnitt aus meiner Küche. Manches wird es so nie wiedergeben, weil ich keine Ahnung mehr habe, was ich da zusammengekocht habe. Anderes gibt es bereits als Rezept oder zumindest ähnlich gekocht.  Die Bilder sind teilweise verlinkt, zu zumindest ähnlichen Rezepten, die zu meinem Repertoire gehören.

Lasst Euch inspirieren und fühlt Euch eingeladen zu improvisieren!

Geröstete Paprika als Pastasauce.

Gemüsepfanne mit Paprika und Kopfsalat zu Gewürzreis

Scampi-Spaghetti an Weinsauce – himmlisch!

Thadig aus meinem Reiskocher – mit Safranjoghurt!

Mein erstes selbstgebackenes Brot aus meinem Römertopf!

 

Fühlt Euch wie daheim

Ein letzter Satz zu Gästen. Es gibt einen Spruch, der geht ungefähr so:

Wenn sich die Gäste wie zu Hause fühlen, dann benehmen sie sich auch so.

Vielleicht zeigt sich hier das Dilemma, mit dem wir umzugehen haben. Am leichtesten zu lösen, wenn man Gäste einlädt, die zu Hause immer Abstand halten und sich nie küssen? Frage mich gerade, wann ich dann einladen könnte ?

Egal, bis bald liebe zukünftige Gäste.

Podcast-Geberin Rot&Blond

Bis ich wieder Gastgeberin im wirklichen Leben sein darf, bin ich es sehr gerne gemeinsam mit meiner Freundin Blanche in unserem kulinarisch-musikalischen Podcast.

Herzliche Einladung zu Rot&Blond. Nehmt auf meinem Küchenhocker Platz und lasst Euch unterhalten. Eigentlich würde ich gerne schreiben: „Schaut vorbei“, aber besser ist:

Hört rein und lasst Euch inspirieren.  Singt, tanzt und kocht mit uns! 

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