Er läuft wieder: Der Leopard. Netflix hat den gleichnamigen Roman-Klassiker neu verfilmt und ich schwelge in Erinnerungen an wunderbare Tage in Palermo. Zeit, die Tipps für diese mich so beseelende Stadt, endlich für alle zu verbloggen. Hier meine absoluten Highlights.
Sizilianisches Streetfood sollten Palermoreisende unbedingt testen. Es kommt aus großen Kesseln oder direkt vom Feuer. Und auf dem Ballarò-Markt ist dieser Imbiss an Frische schwer zu überbieten.
Palermo ist so bunt, laut und voller Musik.
Kuppeln leuchten rot. Es finden sich unzählige Kirchen, die reich mit byzantinischen Mosaiken verziert sind.
Es gibt unendliche Palazzi voller Stuck, schönstem Barock und, ja, die aufmerksame Blogleserin ahnt es schon,
es gibt viel Kunst – auch zeitgenössische.
Palermo guckt auf Bergketten und liegt am Meer. Soll heißen, ich schaue in die umliegenden Berge oder aufs nahe Wasser, vorbeigleitende Schiffe und den Horizont.
Geschichten und Gegensätze
Die Cosa Nostra, sizilianische Mafia, hat hier ihre Geburtsstätte und erst im Februar wurden auf der Insel über 180 mutmaßliche Mafiosi festgenommen. Zur Beruhigung: An Touristen ist die organisierte Kriminalität in der Regel nicht interessiert.
Leider ist die Armut Siziliens immer wieder präsent und Müll ist ein offensichtliches Problem. Darüber schrieb ich schon im Beitrag zu Ostsizilien.
Palermo ist, wie das restliche Sizilien, eher rau. Ständig wird irgendwo gebaut, hässlich und schön, Verfall und Neu liegen sehr dicht beieinander.
Ich mag das, denn es hat auch was von Auf- und Umbruch.
Buch & Film
Palermo ist Film- und Literaturgeschichte: Der Leopard, wie schon erwähnt, wurde bereits von Luchino Visconti mit dem schönen Alain Delon verfilmt. Der Niedergang eines sizilianischen Adelsgeschichte von Giuseppe Tomasi di Lampedusa ist d e r Klassiker der Weltliteratur.
In Sachen Mafia ist Der Pate hingegen das must see und must read.
Ich liebe auch den atemberaubenden Film Il Traditore. Ebenfalls eine Mafiageschichte rund um den ersten Kronzeugen, der gegen die Cosa Nostra aussagte – und das tödliche Bombenattentat auf den Anti-Mafia-Richter Giovanni Falcone.
Nicht zu vergessen: White Lotus, die großartige HBO-Serie.
Die zweite Staffel der bissigen Hotelserie spielt auf der Insel und teilweise in Palermo. Die Gesellschaftssatire hat der Insel einen extra Boom an Touristen beschert.
Also auf nach Palermo, es ist sooooo aufregend, anregend und wunderbar da.
Meine Highlights
Palazzo Butera
Geistreicher Genuss
Dieser historische Adelspalast, erbaut im 17. Jahrhundert, ist ein echtes Juwel und vor einigen Jahren in die Jetztzeit katapultiert. Mein absolutes Must!
Der Eingang ist eher unscheinbar in der Via Butera Nummer 8. Das Innere hat es in sich. Die Verbindung zwischen der historischen Palastarchitektur und moderner Kunst macht diesen Ort so besonderes und unglaublich bezaubernd. Allein die Lage: Der Palazzo samt Restaurant thront direkt über der Uferpromenade Foro Umberto. Herrlich ist eine schier endlose mit grün weißer Keramik geflieste und von Glyzinien umrankte Terrasse (auf der soll schon Goethe flaniert sein). On top gibt es einen herrlichen Blick auf einen kleinen Hafen und die Tyrrhennische See.
Ursprünglich gehörte das Gebäude der Adelsfamilie Branciforte, die ihn beständig ausbaute, verschönerte und zum gesellschaftlichen Hotspot machte. Im 18. Jahrhundert wurde der Palast übrigens nach einem Brand im spätbarocken Stil fertiggestaltet.
Seit 1950 stand das Haus meistens leer, war mal Tourismus-Büro, mal Veranstaltungsort für die Wanderbiennale Manifesta.
Alt trifft neu
Das lange Zeit in London lebende Sammlerpaar Francesca und Massimo Valsecchi entdeckte 2016 die renovierungsbedürftige Immobilie. Sie waren schockverliebt und kauften sie ein Jahr später. Unter ihrer Aufsicht wurde das das Gebäude behutsam renoviert. Die Valsecchis leben nun zumeist hier und verwandelten Butera wieder in ein Zentrum für Kunst und Kultur.
Aus ihrer Sammlung treffen Arbeiten renommierter Künstler*innen wie Gilbert and George, Gerhard Richter oder Marina Abramović auf jahrhundertealte Architektur und Kunst aus anderen Zeiten. Ständig eröffnen sich neue Perspektiven, alt und neu mixen sich grandios.
Überall interagiert die zeitgenössische Kunst mit den historischen Gegebenheiten, dem Mobiliar, Glasobjekten oder anderen Schätzen – malharmonisch, mal provozierend. Der Brite David Tremlett hat für die beiden neue geometrische Fresken geschaffen. Sehr modern und abstrakt.
Man kann in dem Haus sogar Appartements mieten…leider sind die fast immer ausgebucht. Ich würde es lieben!
Cattedrale Maria Santissima Assunta
Die Cattedrale Maria Santissima Assunta ist die wichtigste Kirche der Stadt und ein tolles Beispiel für die Verschmelzung verschiedener architektonischer Stile, die die bewegte Geschichte Siziliens widerspiegeln.
Seit ihrer Errichtung im 12. Jahrhundert wurde sie mehrfach umgebaut, vereint arabische, normannische, gotische und barocke Elemente. Besonders sehenswert sind die Königsgräber im Inneren.
Über eine enge Wendeltreppe bin ich auch auf das Dach der Kathedrale gestiegen. Zur Belohnung gab es eine 360-Grad-Aussicht von der Kirchenkuppel über die Stadt, in die Berge und auf das Meer. Hach, wie schön.
Palazzo di Normanni
Der Palazzo dei Normanni, auch Palazzo Reale genannt, steht an der höchsten Stelle der Stadt. Der älteste Teil stammt aus dem Jahr 800 vor Christus. 1130 erbaute Roger II. diese Residenz und machte sie zum Regierungssitz. Apropos Regierung: seit 1947 ist der Palast Sitz des sizilianischen Parlaments.
Und er gehört seit 2015 zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Capella Palatina
Die Cappella Palatina, die sich im Palazzo dei Normanni befindet, wurde zwischen 1132 bis 1140 erbaut. Sie ist ein Meisterwerk der normannisch-byzantinischen Kunst, christliche, islamische und klassische Einflüssetreffen harmonisch aufeinander. Um im Innern zu schwelgen, musste ich etwas Anstehen, was wohl immer so ist, aber es lohnt unbedingt.
Denn in dem sakralen Raum schimmert alles faszinierend golden. Diese Mosaike, insbesondere die ikonische Darstellung Christi als Pantokrator in der Kuppel, sind
byzantinische Mosaikkunst vom Feinsten.
Die kunstvoll geschnitzte Holzdecke mit arabischen Muqarnas-Ornamenten sowie die detailreichen Marmorverzierungen unterstreichen die kulturelle Vielfalt Siziliens im Mittelalter. Religion und Kunst gehen in dieser „Kapelle“ eine einmalig geglückte Synthese ein.
San Giovanni degli Eremiti
Drei markante rote Kuppeln weisen den Weg zu San Giovanni degli Eremiti, errichtet 1136. Sie erinnern an islamische Baukunst. Besonders ist hier der schlichte, fast meditative Innenraum. Was für ein Gegensatz zum üppigen Mosaikrausch in der Capella Palatina.
Die Kirche ist von einem wunderschönen Garten und Ruinen eines ehemaligen Klosters umgeben. Das toppt die Atmosphäre der Kontemplation in dem Gotteshaus nochmals.
Ab in die Oper!
Lust auf mehr? Lust auf Musik?
Das Teatro Massimo wurde 1897 eröffnet und ist das drittgrößte Theaterhaus (nach Paris und Wien) Europas. Es war, wie könnte es anders sein, bereits Filmkulisse für den Paten.
1974 hatte die Cosa Nostra das marode Opernhaus übrigens schließen, verfallen lassen und trotzdem die Gelder für die Renovierung eingestrichen. 1997 wurde das ehrwürdige Haus endlich wieder eröffnet und gilt seither als Symbol für die
gesellschaftliche und kulturelle Wiederauferstehung Palermos.
Ein Besuch lohnt sich. Ganz gleich, ob zu einer Führung hinter die Theaterkulissen, zu einer opulenten Oper oder einer konzertanten Aufführung.
Ausflug nach Monreale
Noch mehr flirrende Goldmosaike warten im Bergstadt Monreale, etwa zehn Kilometer südwestlich von Palermo. Der Duomo di Monreale thront auf einem Hügel und bietet einen spektakulären Blick in das Umland. Auch hier treffen
normannische Architektur und byzantinische Mosaikkunst aufeinander.
Es ist sicherlich einer der beeindruckendsten Sakralbauten Siziliens.
Alles von oben
Ich hätte ewig durch den Kreuzgang mit 228 Zwillingssäulenpaaren streifen und dem plätschernden Brunnen lauschen können.
Aber auch bei diesem Dom lohnt sich der Gang aufs Dach. Der Blick ins Kircheninnere aus Vogelperspektive und auf die Landschaft rund um diesen Pilgerberg sind berauschend.
Und jetzt, das Wetter:
Zehn Tage in Palermo und Umgebung, mochte ich sehr. Dazu hatte ich leider ungewöhnlich viel Regen. Das erklärt die vielen dunklen Wolken auf meinen Fotos und die vielen Stunden in der Kunst.
Jenseits der Kirchen & Paläste
Diese Straßenkreuzung hat den wunderbaren Namen Quattro Canti (vier Ecken) und sind der perfekte Spot, um die Vibes im historischen Zentrum Palermos zu erspüren. Der Platz hat streng genommen keine vier, sondern acht Ecken und markiert zugleich die Wände von vier Barockpalästen, die für vier unterschiedliche spanische Vizekönige gebaut wurden. In jeder „Ecke“ gibt es einen Brunnen, Statuen und Schutzheilige, die den vier Jahreszeiten zugeordnet werden.
Etwas verwirrend, weil eigentlich keine Ecken. Egal, ich fand es schön dem Treiben auf dem Platz zuzuschauen. Zudem liegen hier das bröckelnde und renovierte Palermos Hauswand an Hauswand.
Go Green!
Gärten & Goethe
Ein echter Geheimtipp ist der Orto Botanico, der Botanische Garten. Er ist der älteste in Europa, wurde 1779 eröffnet, um Heilpflanzen zu kultivieren. Johann Wolfgang vonGoethe kam auf seiner berühmten Italienischen Reise zehn Jahre nach der Eröffnung vorbei und hatte hier die Idee seiner Urpflanze.
„Ich ging alle Gestalten, wie sie mir vorkamen, in ihren Veränderungen nach, und so leuchtete mir am letzten Ziel meiner Reise, in Sizilien, die ursprüngliche Identität aller Pflanzenteile vollkommen ein, und ich suchte diese nunmehr überall zu verfolgen …“
Die Universität von Palermo betreibt hier bis heute Forschungsanlagen. Der Park ist inzwischen auf 10 Hektar angewachsen und wird trotzdem oft übersehen. Er ist ein entspannender Rückzugsort voller Sukkulenten, Palmen, Drachenbäumen und subtropischer Pflanzen.
Und für ein weiteres Palermo-Erlebnis abseits der Touristenpfade, solltest du den Giardino della Zisa besuchen – ein weiterer Park mit einem kleinen arabisch-normannischen Schloss. Auch schön.
Cannoli, Pasta, Pesce, Vino, Negroni…
Genug Kultur. Genug gesehen, erlebt und eingetaucht in die quirlige Stadt. Wer bekommt da keinen Hunger?
Der absolute Tipp ist der Mercato di Ballarò. Vor allem für die Zeit dazwischen.
Von Geheimtipp kann übrigens keine Rede sein. Der Markt ist inzwischen zu bekannt, steht in jedem Reiseführer. Dennoch: Es ist phantastisch sich durch die engen Gassen treiben zulassen. Und immer der Nase nach auf Entdeckungstour zu gehen.
Süss & salzig
Es duftet nach frisch gegrillter Fisch, köstlich gefüllten Arancini, würziger Salsiccia und mit süsser Creme lockenden Cannoli. Händler preisen lautstark ihre Ware an. Zwischen Ständen voller fangfrischem Meeresgetier, saftiger Orangen und köstlichem Gemüse schwelge ich in sizilianischem Leben.
Wer mutig ist, probiert Pani ca Meusa, das Milz-Sandwich, das besser schmeckt, als es klingt.
Der Markt, der sich über viele Gassen erstreckt, ist ein perfekter Ort, um sich durch die vielfältigen Aromen Palermos zu futtern. Buon appetito!
Infoteil
Wo essen?
Im historischen Zentrum eines von vielen netten Lokalen in einer Reihe in der quirligen Via alloro ist das A’nica. Wer vor dem Lokal auf der Piazetta Chiesa di Cocchieri sitzen möchte, sollte reservieren.
Auch fein: Corona Trattoria
Fisch gibt es gut im Badalamenti in der Viale Galatea 55.
Noch mehr Fisch: Sardina PastaBar
oder bei AjaMolo
Auch schön, die Bar im Teatro Massimo
Besonders Orte
Herrlich entspannt ist es in einem versteckten Garten zu essen: Al Fresco Giardino
Gourmet essen geht wunderbar im Bye Bye Blues
Lust auf Palast-Flair? In den ehemaligen Stallungen eines mittelalterlichen Palastes empfehle ich die Osteria Ballaro
Ein Must ist das lässige Bisso Bistro am Quattro Canti für den frischen Pasta-Lunch zwischendurch. Preis-Leistung ist phänomenal und das Essen ist gut, auch wenn das Bistro inzwischen in jedem Guide zu finden ist. Keine Reservierung möglich!
Und noch ein paar Snack-Tipps, dafür ist Palermo schließlich berühmt:
I Cuochini (Via Ruggiero Settimo 68) für Calzoni mit Anchovis und Tomate to go, Bar Rosanero (Piazzetta Porta Reale 6) für beste Arancini, Antica Friggitoria dal 1946 (Via Palmieri 4) für Crochette, Panificio Graziano (Via Granatiere 11/13) für sfincione, Siziliens Pizzasstücke. Happy Snacking!
Das Bisso Bistro ist ein herrlicher Lunchspot und ganz nah bei den Quattro Canti
Wo übernachten?
Im angesagten Stadtteil Kalsa – inklusive Pool: Bastione Spasimo
Ebenfalls in Kalsa direkt im Palazzo Butera das Butera 28.
Hier möchte ich mal mit Dir, liebe Natali, einen Kochkurs machen und Dich für Palermo begeistern.
Ebenfalls im historischen Stadtkern im gerade renovierten Palazzo Moncada BB22
Hier hat 1963 Visconti seinen Film „Il Gattopardo“ mit Alain Delon und Burt Lancaster gedreht. Das Hotel soll immer noch gut sein: Das Grand Hotel et des Palmes
High end Luxus, eine Oase der Ruhe, ebenfalls in einem alten Palast mit Blick auf die palmertienische Bucht und den Industriehafen. Sehr cool die Villa Igiea
Villa oder Strand?
Es gibt auch hübsche Ferienwohnungen. Dank einem dieser www-Bettenanbieter können Filmfans ein bisschen White Lotus feeling haben und in der sagenhaft pittoresken Villa Tasca übernachten. Das hat allerdings seinen Preis.
Günstiger geht es übrigens im charmanten Mondello. Das ist der Strand zur Stadt samt Jugendstilpavillion und einer kleinen Seebrücke. Flair ist in dem Örtchen keine Worthülse.
Von Mondello kommt man bequem mit dem Bus nach Palermo. Am Strand könnten sich Palermoreisende vom Trubel der Stadt erholen, schwimmen oder schmökern, zum Beispiel in Der Leopard …
(…aber bitte nicht im August, da ist Mondello eher überfüllt).
Mit Leidenschaft in die Kunst ist Julianes Credo. Das Empfinden ist dabei subjektiv – das macht es spannend. Kunst ist vielfältig, je mehr man sieht, um so kritischer wird man als Betrachter. Der Spaß Neues zu entdecken, an Grenzen zu stoßen, bleibt. Nach Werbeakademie und Politikstudium in München hat Juliane ihre journalistische Ausbildung bei verschiedenen Tages- und Wochenzeitungen wie Münchner Merkur und Die Zeit absolviert. Kunst war ein immer Lieblingsthema. Die Menschen hinter den Kunstwerken, in Galerien oder Institutionen porträtiert sie seit 2019 regelmäßig für n-tv.de. Sie schreibt für das Printmagazin good life und führt in Berliner Galerien gerne mal artist talks. Kunst aus dem vermeintlichen Elfenbeinturm zu befreien und begreifbar zu machen, ist es, was Juliane antreibt. Und dafür bereitet sie alle sechs bis acht Wochen ihre Museums- und Galerien-Tipps für Kochen, Kunst und Ketchup-Blogbesucher frisch auf. Auf Instagram findet ihr sie unter jr.artynotes.