Basel – Fondation Beyeler
Ein Klassiker mit einem wunderbaren Park und herrlichen Café ist das Museum. Ideal für eine Pause. Gleich drei fantastische Ausstellungen haben in der Fondation Beyeler gerade eröffnet.
Poppig, bunter Basquiat
Einen Coup hat die Sammlung mit „Basquiat. Modena-Paintings“ gelandet. In den frühen 80er Jahren schuf Jean-Michel Basquiat (1960 -1988) im italienischen Modena acht großformatige Bilder, die dort in einer Ausstellung gezeigt werden sollten. Dazu kam es nicht. Die Bilder des New Yorker Malers wurden in aller Welt zerstreut und sind nun erstmals gemeinsam in einem Museum zu sehen. Chapeau, sie sind wirklich besonders.
Natur in der Kunst
Wie setzen sich eigentlich Künstler:innen in ihrer Kunst mit Natur auseinander? Dieser Frage geht die Schau „THE MIND’S EYE. Naturbilder von Claude Monet bis Otobong Nkanga“ in der neuen Sammlungspräsentation nach. Und wieder wird in Riehen (bei Basel) aus den Vollen geschöpft. Die Qualität der Malerei, Skulpturen und Fotoarbeiten ist bestechend. In den vergangenen hundert Jahren hat sich die Sicht auf Natur gehörig geändert. Der Seerosenteich von Monet macht heute noch glücklich. Ebenso wie das Fenster ins Grüne von Fotokünstler Wolfgang Tillmanns. Aber kommen wirklich alle Kunstwerke nur schön und unschuldig daher? Trotz aller Poesie bleiben kritische Positionen und Fragen, die sie aufwerfen, im Kopf.

Poltergeist – Rachel Whiteread möchte das Publikum anlocken und zum genauen Hinsehen zwingen.
Berührend und präzise
Eine Entdeckung für mich ist die kolumbianische Künstlerin Doris Salcedo. Ihre Objekte, Skulpturen und Installationen berühren. Es geht um Verlust, Schmerz, Machtmissbrauch, Tragik des Menschseins, beklemmende Schicksale, Tragödien und Gewalterfahrungen. Dabei sind die Werke der 1958 geborenen Künstlerin schön und immer wieder blitzen so was wie Hoffnungsschimmer auf. Ein über dem Boden schwebendes Tuch aus Rosenblättern, die kompliziert präpariert selbst zwischen Leben und Tod schwanken, wirkt wie ein gigantisches Leichentuch.
Was haben Stühle und Schränke, die mit Zement beschwert sind, erlebt? Was würden sie erzählen, wenn könnten? Hochaktuell ist die raumgreifende Installation „Palimpsest“. Sie zeigt Namen von Menschen, die bei der Überquerung des Mittelmeers ertrunken sind. Ihre Namen sind auf sandigem Boden aus Wasserbuchstaben geschrieben, tauchen aus dem Nichts auf und verschwinden im Selbigen. Verweisen so auf den Zyklus vom Leben. Trotz der schweren Themen eine leise und doch poetische Ausstellung. Beeindruckend und permanent zwischen Gewalt und Zartheit schwingend.
Berlin – Berlinische Galerie
Das Haus hatte ein paar Monate geschlossen, Lichttechnik wurden mit LED-Technik in die Zukunft gebeamt. Jetzt war Wiedereröffnung mit gleich drei fulminanten Ausstellungen mit einem Thema als Klammer.
Tatort Museum?
Nasan Tur ist ein Jahr lang zu Gast mit „Hunted“. Ihm geht es um den menschlichen Jagdtrieb. Ein kleines Rehkitz, ein Fuchs, ein Wildschwein und ein Raubvogel liegen leblos auf dem Boden der riesigen Halle. Winzig klein, getötet von Menschen, ausgestopft als das was sie sind: tot. Das Museum wird zum Tatort und ich stelle mir die Frage, warum uns vorgegebene Rollenbilder beeinflussen und wann man bereit ist Grenzen zu überschreiten, um gesellschaftliche Muster aufzubrechen?
Bismarcks Abrechnung
Platte Pflanzen und Palmen als schaurig schöne Dekoobjekte, ein vom Sockel gestoßener Bismarck und jede Menge Fake-Nachrichten. Der Ausstellungs-Titel „When Platitudes become Form“ ist bei Julius von Bismarck Programm.
Er rechnet mit seinem UrUrGroßonkel ab und hinterfragt unser heutiges Verständnis zur Natur. Die Kolonialzeit ist mit der Naturkonstruktion, wie der Künstler es nennt, von heute eng verknüpft. Bestimmte tropische Pflanzenarten wie Palmen sind importiert worden, werden gezüchtet und sind Handelsware. Bringen jede Menge Geld. Aber eigentlich haben diese Pflanzen in unseren Breitengraden nichts verloren. Aneignung, Besitzergreifen sind die dazugehörigen Schlagworte. Häßlich! Dabei ist doch alles so schön und ornamental – und bei genauem Hinsehen trotzdem brutal.
Drängende Fragen
Bei Böhler & Orendt ist hinterher ebenso Diskussionsbedarf wie bei Tur und Bismarck. „The Sweet Certainty“ beschäftigt sich ebenfalls mit der Geschichte des Menschen auf dem Planeten Erde. Wie gehen wir mit unseren Ressourcen um? Warum bauen wir Wälder Hektar um Hektar ab, löschen Tierarten auf ewig aus?
Mit Witz, Ironie und schwarzem Humor macht das Künstlerduo diese drängenden Fragen zum Thema ihrer Installationen. Ein kleiner Geist, der mir in einem begehbaren Raumschiff in Form einer Lotusblüte begegnet, verspricht, dass unser Planet von der drohenden Gefahr befreit wird. Er ist aus Rauch. Hoffentlich löst er sich nicht auf, bevor sich alles zum Guten wendet.
Zur Diskussion ging es für mich mit ein paar Freundinnen hinterher auf die Terrasse des Café Dix, das zum Museum gehört. Herrlich!
Düsseldorf – K 21
Schicker Look – harter Inhalt
Jenny Holzer ist die Meisterin des Wortes und setzt die Macht des Wortes in ihrer Kunst ein. Knappe Botschaften, Truism genannt, arrangiert sie knackig zu politischen, ironischen oder poetischen Botschaften. Dabei klaut sie bei schon mal bei Karl Marx oder Susan Sontag. In den 70er plakatiert sie ihre Poster voller Wortkunst quer durch Manhattan und wurde berühmt.
Seither hat die amerikanische Konzeptkünstlerin viele Generationen berührt und zum Durchdenken angeregt. Und ihre leuchtenden Spruchbänder sind aus keinem Museum mehr wegzudenken. In der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen K21 ist die bisher umfangreichste Schau in Deutschland zu sehen. Es lohnt sehr die zwei Stockwerke voller Denkfutter zu erkunden. Aber Achtung: hinter dem schicken Look steckt meist harter Inhalt.
Insel Hombroich/Neuss – Langen Foundation
Not to be missed
Ein Brunnen in dem Flammen züngeln und wie Wasser fließen. Künstlich hergestellte Diamanten, die in einem Eisloch verschwinden. Ein Garten mit Farnen aus dem Karbonzeitalter, der wächst und wächst. Mit bleiummantelte, weil verstrahlte Kokosnüsse. All das ist Kunst zum Nachdenken. „Controlled Burn“ heißt die faszinierende Ausstellung von Julian Charrière in der Langen Foundation. Ein Must-see! Ich hatte schon zweimal das Vergnügen mich in seine Welt zu begeben. Brilliant! Zur detaillierten Besprechung im Blog bitte hier.
München – Museum Brandhorst
Verdammt ehrlich
Mit dem Zug von Basel nach Berlin geht es eigentlich direkt. Mir war der Umweg über München wichtig. Die amerikanische Malerin Nicole Eisenman wollte ich auf keinen Fall verpassen. Und was soll ich sagen, Y E S – „What happend“ ist einfach großartig und unbedingt sehenswert.
Mit leisem Humor seziert Eisenman in ihren durch und durch politischen Bildern Amerika und weltweite Abgründe. Überall finde ich kunsthistorische Referenzen, Anleihen aus Comic oder Werbung immer mit feministischem queerem Blick. Furchtlos, laut, leise, melancholisch und verdammt ehrlich.
Paris – Paul Smith x Picasso
Traumhaft
Malergenie trifft Modekönig. Ich träume mich zurzeit gerne mal nach Paris. Vor meinem inneren Auge sehe ich Gemälde von Picasso auf poppig bunten Streifen- und Rauten-Tapeten von Paul Smith. Eine Wand voller weißer Teller und mittendrin 12 Keramik Kunstwerke von Picasso. WISHLIST!
Eigentlich bespreche ich hier im Blog nur Ausstellungen, die ich selbst besucht habe. Ausnahmen bestätigen die Regel. Eine gute Freundin fragte neulich, was sie in Paris an Ausstellungen unbedingt gesehen haben muss. Ich empfahl ihr Paul Smith und Picasso im Musée Picasso. Zum 50. Todestag des Malers hatte das Museum die Idee den britischen Modedesigner eine Ausstellung kuratieren und gestalten zu lassen. Die Feuilletons sind voll des Lobes. „Picasso Celebration. Collection in a new light“ ist als Experiment geglückt. Bitte mehr davon.
Und meine Freundin? Die war begeistert. Whatsappte mir schon direkt aus dem Museum Fotos. Wow! Freude meinerseits. Also, nichts wie hin, zu dieser so gelungenen Schau. Originell, erfrischend und unkonventionell.

Infos
1. Fondation Beyler
- The Modena Paintings bis zum 27. August
- THE MIND’S EYE bis zum 27. August
- Doris Salcedo bis zum 17. September
Geöffnet 365 Tage im Jahr: Montag – Sonntag 10 bis 18 Uhr, Mittwoch bis 21 Uhr und freitags bis 20 Uhr
- Baselstrasse 101, CH 4125 Riehen/Basel
2. Berlinische Galerie
- Nasan Tur bis zum 1. April 2024
- Julius von Bismarck bis zum 14. August
- Böhler & Orendt bis zum 14. August
Geöffnet Mittwoch – Montag 10 bis 18 Uhr, dienstags geschlossen
- Alte Jakobstraße 124-128, 10969 Berlin
3. Kunstsammlungen NRW K21
- Jenny Holzer bis zum 6. August
Geöffnet Dienstag bis Sonntag 11 – 18 Uhr, montags geschlossen
- Ständehausstraße 1, 40217 Düsseldorf
4. Langen Foundation
- Julian Charriere. Controlled Burn bis 6. August
Geöffnet Dienstag bis Sonntag 10 – 18 Uhr, montags geschlossen
- Raketenstation Hombroich 1, 41472 Neuss
5. Museum Brandhorst
- Nicole Eisenman. What Happened
Geöffnet Dienstag bis Sonntag 10 – 18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr, montags geschlossen
- Theresienstraße 35a, 80333 München
6. Musée Picasso
- Picasso Celebration. The Collection in a new light bis zum 27. August
Geöffnet Dienstag bis Freitag 10.30 bis 18 Uhr
- 5 Rue Thorigny, 75003 Paris